Traditionelles nachhaltiges Bauen in Asien

Von Sven Schirmer


Veröffentlicht am 2015-12-13


Die Entwicklung der traditionellen Städte in China und Japan verlief ganz anders als in Europa und Kleinasien. In Asien wird das Leben nicht dem Zufall überlassen, früh haben sich Bautraditionen herausgebildet, die eine Mischung aus Religion (Buddhismus, Konfuzianismus, Daoismus und Shintoismus) und Wissenschaft (feng shui) ist, die lange unverändert blieben und so eine ganz eigene Formensprache gefunden haben.

In China herrschte lange die sogenannte Kaiserzeit (221 v. Chr. bis 1912). Die Städte der Kaiserzeit sind ein Abbild des Kosmos, der Kreis steht für den Himmel, das Rechteck für die Erde. Die Städte sind von rechtwinkliger bis quadratischer Form und sind symmetrisch gegliedert durch Achsen und orientieren sich an den Himmelsrichtungen. Im Zentrum der Stadt steht der Palast, ausgerichtet auf die Südachse, diese steht in China für Männlichkeit, Aktivität und Helligkeit. Um diesen herum entstanden die Wohnviertel, je weiter diese vom Palast entfernt waren, desto geringer war der Stand der Bewohner. Typische Stadtgrundrisse weisen die Städte Chan`An (Tang Dynastie um 618 n. Chr.) und Peking (Qing Dynastie, um 1644) auf.

Chinesische Wohnhäuser sind entweder Hof- oder Atriumhäuser. In ländlichen Gebieten können diese auch frei stehen ohne die typische Hofausbildung. Aufgrund der Bauweise waren die Häuser in der Regel ein bis zwei geschossig.

  • Alle Häuser sind nach Süden orientiert und öffnen sich zur Sonne,
  • die bevorzugten Materialien zum Hausbau waren organischen Ursprungs, also Holz und Lehm. Die bewährten Baumethoden wurden immer weiter entwickelt, die Holzbearbeitung war auf einem sehr hohen Stand. Es wurden standardisierte Formen und eisenlose Verbindungen genutzt.

Eine weitere Besonderheit ist der befestigte Siedlungsbau in China. Die Geschichte Chinas ist geprägt von inneren Machtkämpfen und Bürgerkriegen. So wurden viele Siedlungen fernab der großen Städte befestigt und stellen eine eigene Typologie da. Bekanntestes Beispiel sind die Gemeinschaftshäuser der Hakka in der Provinz Fujian, genannt Tulou (Erdhäuser). Die Häuser bestehen aus einer massiven circa 3 bis 4 Geschosshohen umgebenden Mauer aus Lehm (Stampflehm oder Lehmziegel). Die Gebäudeform ist quadratisch, kreisförmig oder oval. Der Gebäudedurchmesser kann variieren von 20 bis 60 m. Das Dach kragt weit aus und schützt die Lehmkonstruktion vor Erosion. Es gab nur einen kontrollierbaren Zugang zum Gebäude. Auf der Innenseite der Schutz-Mauer wurde eine leichte Holzkonstruktion angesetzt, auf dessen Etagen sich einzelne Wohnräume um Erschließungsloggien gruppieren. Im Erdgeschoss waren die Ställe und Küchen angeordnet. Der Innenhof wurde teilweise mit weiteren eingeschossigen Wohnhäusern und manchmal einem zentralen Tempel zu gebaut. Bemerkenswert ist, dass nicht Wohnungen gebaut wurden, sondern einzelne Zimmer, die je nach Bedarf von der Gemeinschaft vergeben wurden. So kann es sein, dass die Familie über mehrere Zimmer im Gebäude verteilt wohnte.
Bei Bevölkerungswachstum wurde nicht das vorhandene Gebäude erweitert, sondern es wurden einfach weitere Wehrgebäude in unmittelbarer Nachbarschaft errichtet, die dann eine Siedlungsgemeinschaft bildeten.

Abbildung: Struktur der Tulou aus China

Der japanische Städtebau ist stark von den chinesischen Vorbildern angeleitet. Insbesondere die Kaiserresidenzen weisen die gleiche streng geometrische und rechtwinklige Grundrissform auf. Auch die japanischen Städte sind in Nord-Südrichtung ausgerichtet, zum Beispiel Kyoto (794 n. Chr.). Die meisten Städte in Japan sind aber um Burgen herum entstanden, zum Beispiel Tokyo (ehemals Edo). Die Stadt hat sich rechtsdrehend spiralförmig um die Burg entwickelt. Die Quartiere selbst hatten einen rasterförmigen Grundriss, die Bebauungsblöcke hatten eine Größe von 120 x 120 m, das Entspricht je Seitenlänge 3 x 20 Ken (japanische Maßeinheit). Nahe der Burg wohnten die Würdenträger und Krieger, im Nordosten bis Süden durch die Versallen des Kriegsfürsten getrennt war das Gebiet der Händler. Die Tempel lagen am Rande der Stadt und an den Ausfallstraßen. Japanische Wohnhäuser waren in der Regel ein bis zwei geschossig infolge der häufigen Erdbeben.

  • Eine Besonderheit stellen in Japan die traditionellen Wohnhäuser da. Das japanische Haus ist ein ökologisches und nachhaltiges Haus, erbaut aus Holz, Lehm, Papierfenstern und Böden aus Strohmatten. Die Häuser sind aufgeständert, das heißt der Holzboden ist nicht erdberührend. Die Häuser der Würdenträger sind in der Regel keine Hofhäuser und öffnen sich zum Garten mit einer Übergangszone in Form einer überdachten Holzterrasse. Die Größe der Häuser und einzelnen Räume richtet sich nach der Maßeinheit der Strohbodenmatten, genannt Tatami. Diese sind ungefähr 90 x 180 cm groß. Die Wohnräume dienen mehreren Funktionen, als Aufenthaltsraum am Tag und nachts als Schlafzimmer. Die Häuser der Händler waren kleiner, konnten ein- oder zweigeschossig sein. Oftmals waren die Hinterhofhäuser vermietet, die Baumaterialien waren bei allen Häusern gleich. Die Nutzung der natürlichen Materialien ist begründet in den häufigen Erdbeben (leichte wiederherstellbare Strukturen) und in der Erreichbarkeit der Baumaterialien. Auch in Japan ist das Holz- und Lehmbauhandwerk sehr hoch entwickelt und dient noch heute als Vorzeigebeispiel in diesem Handwerkszweig weltweit. Traditionelle japanische Architektur ist sehr ästhetisch, die Details sind durchdacht und einfach, das schlichte überwiegt, Materialstrukturen und Masserungen werden herausgearbeitet.

Schöne Lehmarchitekturgebäude gibt es auch in den gebirgigen Regionen von Asien, zum Beispiel in Tibet oder in Nepal.
In Tibet herrscht aufgrund der geringen Niederschläge das Lehmflachdach vor. Die Wände sind ebenfalls aus massiven Lehmsteinen hergestellt und trotzen so den oft tiefen Temperaturen. In Nepal herrscht das Satteldach vor. Die Dächer kragen weit aus und schützen so die Fassade vor der Witterung und beschatten die Fenster der oberen Geschosse. Die Konstruktion der Wände ist im Erdgeschoss massiv und geschlossen ausgeführt. Das erste Geschoss hat bereits große Fensteröffnungen, das zweite Geschoss ist aufgelöst in große Holzfensterkonstruktionen um eine Durchlüftung zu erreichen.

Ein weiteres schönes Beispiel für die asiatische Baukunst sind die sogenannten Gemeinschaftshäuser, diese gibt es zum Beispiel im malaiischen Teil der Insel Borneo, die traditionellen Langhäuser der Dyak (oder Dayak).

  • Es sind Pfahlbauten, da Sie bevorzugt an Flussufern stehen. Bei den Langhäusern handelt es sich um eine Addition von mehreren an einander gereihten Wohnungen zu einem Gesamtgebäude, die Anzahl der Familien kann unterschiedlich groß sein. Der Grundriss ist länglich, die Gebäude können eine beträchtliche Länge von über 50 m und mehr aufweisen. Der Aufbau ist immer gleich, dem Gebäude vorgelagert ist eine offene Terrasse an die eine geschlossene Veranda als Erschließung und Gemeinschaftsfläche anschließt. Von hier aus gelangt man in die Wohn- und Schlafräume. Von diesen Räumen abgewannt zur anderen Seite des Gebäudes sind die Küche und Vorratsräume angeordnet. Unter der aufgeständerten Gebäudeplattform werden Schweine gehalten oder es werden als Folge der Moderne Autos untergestellt.
    Die Häuser sind aus Holz und Bambus erbaut, die ursprüngliche Dachdeckung bestand aus Blättern, diese wurde ersetzt durch Wellblech. Leider werden die Gemeinschafträume nachträglich mit PVC Bodenbelägen verunstaltet.

Es gibt noch viele weitere nachhaltige und traditionelle Bauweisen in Asien. Aus Platzgründen können nicht alle aufgezeigt werden.

Blog Search